Gastbeitrag Kommentar USA Welt

Wölfe im Schafspelz?

Ex-Botschafterin der Afrikanischen Union kritisiert USAID.

Gastbeitrag von Volker Seitz zur Auflösung von USAID , Teil 2

Die frühere Botschafterin der Afrikanischen Union in den Vereinigten Staaten kritisiert die abgewickelte Entwicklungsinstitution USAID heftig. Damit steht sie in Afrika nicht allein. Deshalb sollte man auch in Deutschland gut hinhören, meint der Gastautor.

©geralt / pixabay
Die US-Behörde für Internationale Entwicklung, kurz USAID, soll nach dem Willen von US-Präsident Donald Trump auf ein Minimum geschrumpft werden. Trump hat für diese Aufgabe Außenminister Marco Rubio zum amtierenden Direktor von USAID ernannt. Rubio habe eine Überprüfung aller ausländischen Hilfsprogramme eingeleitet, um sicherzustellen, dass sie effizient seien und mit der US-Außenpolitik im Rahmen der "Amerika First"-Agenda übereinstimmen, ließ das Ministerium verlauten. Die 1961 unter Präsident John F. Kennedy gegründete Behörde soll teils quasi als eine Außenstelle der CIA für die Destabilisierung sowie diverse Umstürze von ausländischen Regierungen mitverantwortlich sein.

Warum wird eine Behörde, die den USA mehr als sechs Jahrzehnte in der ganzen Welt Einfluss beschert hat, jetzt demontiert? "Wahrscheinlich wird diese Organisation in der Zukunft einfach nicht mehr gebraucht", meint der Wirtschaftsjournalist Ernst Wolff, denn deren Methode der Beeinflussung sei "die Einflussnahme von gestern". Und "die Einflussnahme von heute und von morgen" geschähe über die digitale Sphäre, argumentiert er in einem Interview. "Man kann heute Regierungen kalt stellen, indem man sie vom Internet abschneidet, und man kann Finanzströme in die eine oder die andere Richtung dirigieren." Wolff prophezeit, dass noch viel mehr Behörden abgebaut werden würden, "aber nicht mit dem Hintergrund, die Macht zu begrenzen, sondern um auf neue technokratische, viel wirksamere Machtmittel zu setzen."

Der Gastkommentar von Volker Seitz befasst sich mit der offiziellen originären Aufgabe von USAID: der internationalen Entwicklungshilfe und der Nachhaltigkeit ihrer Projekte. Und mit der Ausbeutung Afrikas durch westliche Handelspolitik.

Von Volker Seitz

In allen deutschen Medien wird geklagt, dass der Wegfall der US-Hilfen bedeute, dass die Menschen in Afrika weniger Chancen zum Beispiel in der Bildung und im Gesundheitswesen haben. Natürlich will jede Bundesregierung – trotz sehr knapper Haushaltsmittel – unbedingt die Lücke schließen. Immerhin wurde in den vergangenen Wochen endlich wieder verstärkt über Entwicklungshilfe diskutiert.

Ich empfehle (insbesondere jedem Journalisten), sich zu dem Thema die frühere Botschafterin der Afrikanischen Union in den Vereinigten Staaten, Arikana Chihombori-Quao, anzuhören. Sie sagt unter anderem in der Sendung The Bottom Line von Al Jazeera English:

„Wir müssen den wahren Grund verstehen, warum USAID [United States Agency for International Development, die Behörde der Vereinigten Staaten für internationale Entwicklung] in Afrika ist, und nicht nur USAID, sondern auch andere Nichtregierungsorganisationen. Sie kommen und behaupten, dass sie Basisinitiativen einführen, die den Menschen helfen werden, und nutzen dies als Mittel, um in die entlegensten Teile Afrikas zu gelangen. Auf dem Papier sieht das alles sehr gut aus, aber in Wirklichkeit sind es Wölfe im Schafspelz.“

„Der amerikanische Steuerzahler muss wissen, daß Milliarden von Dollar an USAID fließen. Ein Bruchteil davon kommt bei den Menschen an.“ 

“Sie nutzen diesen offenen Zugang, der nach humanitärer Hilfe klingt, um ständig Regierungen zu destabilisieren. Ich kann Ihnen sagen, dass die Mehrheit der afrikanischen Führer, und nicht nur die afrikanischen Führer, sondern die Führer der Entwicklungsländer, den Rückzug von USAID feiern. Wenn Sie einmal darüber nachdenken, was ihr einziger Zweck ist, z. B. die Lücken im Gesundheits- und Bildungswesen zu schließen, wo ist dann die Veränderung? Zeigen Sie mir ein Land, in dem USAID war und sich die Bildung verbessert hat. Zeigen Sie mir ein Land, in dem USAID war und sich die Gesundheitsversorgung verbessert hat?“

(Original: “We need to understand the real reason why USAID is in Africa, and not just USAID, but other NGOs They are coming in claiming that they’re introducing grassroots initiatives that are going to help the people, and so they use that as a way to go into the most remote parts of Africa. When you look at it on paper, it all looks really good, but they’re actually wolf in sheep’s clothing.”

“The American taxpayer needs to know the billions of dollars that are being given to USAID. A fraction is making it to the people.”

“They’re using that open access sounding humanitarian to constantly destabilize governments. I can tell you right now, the majority of African leaders, and not just African leaders, but leaders in the developing world are celebrating the exit of USAID. [..] Show me one country that USAID was in and education improved. Show me what country where USAID was in and healthcare improved?”)

Frau Dr. med. Chihombori wurde in Zimbabwe geboren. Sie ist Ärztin (praktizierte 29 Jahre in Murfreesboro/Tennessee) und Diplomatin. Sie vertrat die Afrikanische Union als Botschafterin von 2017 bis 2019 in den USA, ist verheiratet mit dem ghanaischen Internisten Dr. Nil Saban Quao und hat fünf Kinder. Die Familie lebt heute in den USA.

Entwicklungspolitik ist auch bei uns immer noch intransparent

Ich bin sicher, unsere Entwicklungspolitiker wollen nicht hören, was die Dame zur Wirkung der „Hilfe“ zu sagen hat. Sie haben wenig hinzugelernt, denn Armutsbekämpfung hat in den letzten Jahrzehnten nur rudimentäre Fortschritte erzielt. Trotzdem wird die Frage, ob Hilfe auch schaden kann, selten gestellt. Aber Politiker und Helfer wollen sich nie wieder entbehrlich machen. 

Die Hilfe wird als Lebensjob betrieben, auch wenn unzählige „Projekte“ oder Programme“ als Fremdkörper in den Ländern durchgeführt werden. Wie ich immer wieder in 17 Jahren in Afrika und zwei Jahren in Armenien beobachten konnte, haben die Projekte kurz nach Beendigung keine Spuren mehr hinterlassen. Während ihrer Laufzeit waren sie erfolgreich, da es an Geld für Betriebsmittel, Fahrzeuge und hohe Gehälter nie gemangelt hat. Ich bin überzeugt, dass eine ernsthafte Auseinandersetzung die Überprüfung auch der deutschen (seit Jahren schuldenfinanzierten) Entwicklungspolitik nach sich ziehen sollte.

Dieser Text erschien erstmals bei AchgutVolker Seitz war für das deutsche Auswärtige Amt siebzehn Jahre als Botschafter in Afrika. Er gehört zum Initiativkreis des „Bonner Aufrufs zur Reform der Entwicklungshilfe“ und ist Autor des Bestsellers Afrika wird armregiert (dtv, 11. Auflage). 


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Hier Teil 1 von Volker Seitz Beitrag zur Debatte um die USAID:

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