Natur/Umwelt Politik Welt

Ausnahme vom Tierschutz?

Was tut die EU-Kommission für den Schutz der Jagdhunde in Spanien?

Züchtung und „Nutzung“ von Jagdhunden in Spanien auf dem Prüfstein

Galgo ©quirbachdogs

Die EU-Kommission plant eine Verordnung zum besseren Schutz von Hunden und Katzen als Haustiere. Werden Jagdhunde wie die Galgos in Spanien davon profitieren – oder bleiben die empfindsamen Windhunde weiter vom Tierschutz ausgenommen?

Deutschlandfunk, Umwelt und Verbraucher, 29. Februar 2024

Anfang Februar in Köln: Rund 2.500 Menschen ziehen auf dem sogenannten Galgo-Marsch durch die Innenstadt. Galgo ist eine Windhund-Rasse aus Spanien. Madita Haustein vom Verein Veto-Tierschutz war auch dieses Mal wieder dabei. „Jedes Jahr kommen mehr Menschen. Die meisten bringen Hunde mit, in diesem Fall Galgos, und protestieren für mehr Rechte für die Jagdhunde in Spanien – die im Namen der Tradition wirklich gequält und getötet werden.“

Die oft analphabetischen Jäger glauben, je länger die Hunde leiden, desto erfolgreicher wird die folgende Jagdsaison. Also erschlagen die Männer die Tiere mit Steinen, werfen sie in Gruben und Brunnen, damit sie dort ertrinken. Sie begraben oder verbrennen die Hunde – lebendig. Oder verätzen sie mit Säure.

Tierheime schicken Suchteams aus, verarzten die Tiere bei sich, operieren oder amputieren gebrochene Beine. Von der Politik fühlen die Tierschützer sich im Stich gelassen. Auf Betreiben der regierenden Sozialistischen Arbeiterpartei PSOE wurden im September 2023 Galgos und andere Jagdhunde als Nutztiere vom Tierschutz ausgenommen. Denn, so die PSOE, Galgos seien „Hunde, die bei Tätigkeiten im ländlichen Raum eingesetzt werden“.

„Schließlich argumentieren sie auch noch, es gäbe bereits Vorschriften ausschließlich für Jagdhunde. Aber wie mir gesagt wurde, halten sich größtenteils die Jagdverbände gar nicht an diese Regelungen.“ Manuela Ripa von der Ökologisch-Demokratischen Partei, ÖDP, ist Vizepräsidentin der interfraktionellen Tierschutzgruppe im Europäischen Parlament. Im Artikel 13 des EU-Vertrags von Lissabon werden Tiere zwar als fühlende Wesen anerkannt. Zugleich aber wird der Tierschutz hintangestellt, wenn er mit den „Gepflogenheiten eines Landes“ kollidiert. So wie im Fall der Galgos in Spanien.

Die Jagd, argumentieren ihre Befürworter, sei ein kulturelles Erbe, und die Jäger seien die Hüter des ökologischen Gleichgewichts. Die Jagdindustrie schaffe zudem 190.000 Arbeitsplätze und erwirtschafte 6,5 Millionen Euro. Landwirtschaftsminister Luis Planas betonte, die Jagd sei nicht nur eine produktive Aktivität, sondern auch der Sport mit den meisten Verbänden nach Fußball und Basketball.

„Viele Polizisten sind selbst Jäger, sind in denselben Vereinen und teilen dieselben Prinzipien. In den Dörfern wissen alle, wer die Hunde misshandelt – und nichts passiert.“ Der spanische Filmemacher Yeray Lopez hat vier Jahre lang für seinen preisgekrönten Dokumentarilm „Yo Galgo“ recherchiert. „Die Gemeinschaft übt großen Druck auf die Tierheime aus. Die Mitarbeiter müssen sich mit den Jägern auseinandersetzen, die teils ihre Nachbarn sind. Es ist hart, in der eigenen Gemeinde geächtet zu werden, weil man Hunde liebt.“

Umso wichtiger ist die Unterstützung von Tierschützers aus anderen europäischen Ländern, hat Madita Haustein von Veto-Tierschutz vor Ort in Spanien erfahren.

„Zu sehen „Wow, sogar in Köln, in Berlin und München gehen die Menschen für uns auf die Straße!“ – das gibt den Menschen in den Tierheimen ganz viel Kraft.“

Madita Haustein
Madita Haustein in Spanien ©Veto-Tierschutz

Manuela Ripa und die Tierschutzgruppe des EU-Parlaments fordern nun einen EU-Kommissar für Tierschutz. Zudem hoffen sie auf ihren einstigen Mitstreiter in der Tierschutzgruppe, Ernest Urtasun (Die Grünen). Der Katalane ist Minister für Kultur in Spanien geworden – und in dieser Funktion auch für die Jagd zuständig. Und: Die EU-Kommission hat im Dezember 2023 eine neue Verordnung zum Wohl von Haustieren, also auch von Hunden, vorgelegt. „Dort soll unter anderem geregelt werden, wie Züchter die Tiere zu halten haben. Und die Tiere sollen auch registriert werden,“ sagt Manuela Ripa. „Bisher sind Galgos davon erfasst, weil auch Jagdhunde eigentlich von diesem Gesetz erfasst sind. Und das soll auch dringend so bleiben.“

Dieser Wunsch könnte noch für lange Zeit ein Wunsch bleiben. Denn während der Sitzung der Tierschutzgruppe zur geplanten EU-Verordnung am 29. Februar 2024 stellte die EU-Kommissionsbeamtin Lucie Charouée klar: Die neue Regelung werde tatsächlich die Züchter von Jagdhunden in die Verantwortung nehmen. Wie die Jäger ihre Hunde „nutzen“, sprich halten, soll jedoch weiter als eine „kulturelle Aktivität“ und „Eigenheit des Landes“ unangetastet bleiben.


Yeray Lopez ©(following)

Die Tierschutzgruppe des EU-Parlaments veranstaltete am 3. Februar 2021 ein Webinar zur Situation der Galgos in Spanien u.a. mit Anna Clements, Gründerin von S.O.S. Galgos, und Yeray Lopez, Regisseur des Dokumentarfilms „Yo Galgo„. In dem editierten Redebeitrag beschreibt er, wie er die Situation sieht (EN):

Yeray Lopez, 3. Februar 2021

Lesen Sie auch meinen Text zum Welttag des Galgos am 1. Februar und zum Inkrafttreten der Tierschutznovelle in Spanien am 29. September 2023.

Unterstützen Sie mich, unabhängig zu arbeiten, mit einer Spende. Vielen Dank.