Frauen Welt

Kanada: Valentinstag-Marsch gegen Gewalt

Wie der Fall eines Frauenmörders zusammenhängt mit dem Marsch zum Gedenken an verschwundene und ermordete Frauen in Kanada.

Der alte Fall eines Frauenmörders bekommt neue Relevanz.

Plakatwand mit 48 vermissten Frauen ©Polizei Vancouver

Seit 1992 organisieren Indigene in Vancouver am Valentinstag einen Gedenkmarsch für die ermordeten und vermissten indigenen Frauen in Kanada. Unter ihnen Opfer des Serienmörders Robert Pickton. Nun will die Polizei Beweisstücke in noch ungelösten Fällen entsorgen. Es werden heute in Vancouver also viele marschieren.

Nach Aussage eines Zellengenossen „rühmte “ Robert Pickton sich, 50 Frauen ermordet zu haben. Im Jahr 2007 wurde Pickton für den Mord an sechs Frauen zu lebenslanger Haft verurteilt ohne Aussicht auf Bewährung für 25 Jahre. Auf seiner Schweinefarm in Port Coquitlam, etwa 25 Kilometer östlich von Vancouver, hatte man allerdings die DNA von 34 weiteren Frauen gefunden. Als der Oberste Gerichtshof Kanadas im Jahr 2010 seine lebenslange Haftstrafe bestätigte, wurde die Mordanklage in zwanzig Fällen ausgesetzt, da Pickton bereits zum höchst möglichen Strafmaß verurteilt worden war. In der Entscheidung wurde festgestellt, Picktons Aussagen gegenüber der Polizei würden auf Komplizen schließen lassen.

Familien von Opfern und Menschenrechtsorganisationen werfen Polizei und Justiz Versagen vor. Pickton war nach einer ersten Verhaftung wieder auf freien Fuß gesetzt worden und hatte daraufhin weitere Morde begangen. Beweismittel waren verschwanden – was zu einer Untersuchungskommission geführt hatte und sogar einige UN-Gremien auf den Plan rief. Im Dezember 2023 kündigte die Polizei an, sich rund 14.000 Beweisstücken aus dem Verfahren gegen Pickton entledigen zu wollen. Ein Polizeisprecher berief sich auf ein Gesetz, nach dem die Gegenstände an die rechtmäßigen Eigentümer zurückgegeben oder nicht beanspruchte Gegenstände entsorgt werden müssten. Eine etwaige Veräußerung, über die die Gerichte entscheiden werden, habe keine Auswirkungen auf die künftige Strafverfolgung.

In einem offenen Brief an die Regierung von British Columbia verlangen hingegen mehr als 40 Organisationen, Wissenschaftler und indigene Gruppen aus ganz Kanada ein Moratorium für die Entsorgung. Die Beweise könnten zur Verurteilung möglicher Mittäter oder zur Aufklärung einiger der Dutzenden ungelösten Fälle führen. „Die Möglichkeiten der DNA-Analyse werden jeden Tag mehr. Man kann nicht behaupten, dass es keinen Beweiswert gäbe“, sagte bei einer Pressekonferenz Sasha Reid, die eine Datenbank Vermisster und ungelöste Mordfälle unterhält. Eine Beseitigung der Beweisstücke nähme Angehörigen die letzte Hoffnung, dass der Tod ihrer Liebsten noch aufgeklärt wird. Eine Petition will dies verhindern.

Brisant: Robert Picktons Verurteilung zählt ab dem Tag seiner Verhaftung am 22. Februar 2002. Daher kann er am 22. Februar 2024 – in acht Tagen also – einen Antrag auf tageweise Entlassung und unbegleiteten Ausgang stellen. Und in drei Jahren, am 22. Februar 2027, kann er sogar seine vollständige Bewährung beantragen. Dann ist die Mindestwartezeit von 25 Jahren vorbei. Automatisch auf Bewährung entlassen wird er jedoch nicht.

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