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Gegen das grausame Töten der spanischen Jagdhunde

Jedes Jahr im Februar werden in Spanien Zehntausende Jagdhunde auf bestialische Art und Weise getötet.

1. Februar ist Welttag des Galgos. Ein Appell an die Menschlichkeit

In Spanien ist nicht nur der Stierkampf noch immer Tradition. Hier werden auch ausgiebig Windhundrennen veranstaltet. Die Tiere werden von ihren Besitzern gnadenlos ausgebeutet. Und am Ende aussortiert. Im Februar, nach der Jagdsaison, sterben jedes Jahr Zehntausende der einheimischen Galgos einen qualvollen Tod.

Manche Hunde werden auch erhängt. Tiere, die in den Wettbewerben gute Leistungen gezeigt haben, aber nicht mehr in Bestform sind, werden hoch über dem Boden an Bäumen aufgeknüpft – ein schneller Tod. Hunde, die mit schlechten Leistungen enttäuscht haben, werden mitunter ebenfalls erhängt – aber knapp über dem Boden, so dass ihre Pfoten ihn gerade noch so berühren. Ihre verzweifelten Versuche, Halt zu finden, während sie qualvoll ersticken, werden als „Klavierspielen“ bezeichnet. 

Abigail Christman, GRIN

So beschreibt Abigail Christman, die Gründerin des Galgo Rescue International Network (GRIN) mit Sitz in Colorado, USA, ein Schauspiel, das sich in Spanien jedes Jahr im Februar tausendfach ereignet. Wenn mit dem Januar auch die Jagdsaison endet, entledigen die Jäger sich aller Hunde, die sie nicht die sieben Monate bis zur nächsten Saison durchfüttern wollen. Laut Tierschützern finden jedes Jahr mindestens 60.000 Galgos so ein qualvolles Ende. Galgos sehen wie Windhunde aus und sind eine sehr alte Jagdhundrasse, die einst ausschließlich von spanischen Adeligen gezüchtet wurde. Heutzutage sind sie für ihre Besitzer, die Galgueros, nur Mittel zum Zweck. Ein Gegenstand, den sie nach Gutdünken „benutzen“.

Gegen diese mittelalterliche Einstellung und das bestialische Aussortieren haben Tierschützer mit dem World Galgo Day, dem Welttag des Galgo, am 1. Februar ein Zeichen gesetzt. Seit Jahren gehen sie zudem zum Ende der Jagdsaison auf die Straße – nicht nur in Spanien. Auch in Deutschland, Österreich und der Schweiz, in Frankreich, Polen und London protestieren Tierschützer vor spanischen Botschaften oder ziehen auf „Galgo-Märschen“ durch Innenstädte, dieses Jahr etwa in Berlin, Hamburg, Köln, München, Bremen und Leipzig. Termine hier.

Aufruf zum Welttag des Galgo ©Dia Del Galgo

Der Artikel im National Geographic, dem die Eingangssequenz über das das qualvolle Ritual des „Klavierspielens“ entnommen ist, beschreibt die Situation in Spanien und die Hintergründe vortrefflich. Der Text erschien ursprünglich in der englischen Ausgabe – im Jahr 2016. Seither hat sich etliches verändert. Und nicht zu Gunsten der Hunde. Während bei National Geographic noch von neuen landesweiten Gesetzen gegen Tierquälerei die Rede war sowie von Provinzen und Ortschaften, die ähnliche Vorschriften erlassen hätten, hat das spanische Parlament im Jahr 2023 die Uhren wieder zurückgedreht. Gemäß einer Änderung im Tierschutzgesetz, die zum 29. September 2023 in Kraft trat (siehe mein Artikel), gelten Galgos und andere Jagdhunde nun ganz offiziell als Nutztiere und sind landesweit vom Tierschutz ausgenommen. Ihre Besitzer dürfen die Hunde nun mit dem Segen der Politik quälen und töten. Und die oft analphabetischen Jäger tun dies mit Hingabe, denn sie glauben, je länger die Hunde leiden, desto erfolgreicher wird die folgende Jagdsaison. Also erschlagen die Männer die Tiere mit Steinen, werfen sie in Gruben und Brunnen, um sie zu ertränken, begraben oder verbrennen sie lebendig, verätzen sie mit Säure.

Und jedes Jahr wachsen neue Galgos nach… Die Jäger züchten sie selbst, um die Hunde zwischen September und Januar für die Hasenjagd und Windhundrennen einzusetzen. Gehalten werden die Hunde unter erbärmlichsten Umständen. „Wir hatten Galgueros, die 70, 120 Galgos hatten, die nur von Krümeln und Brotresten lebten und sich gegenseitig gefressen haben, wenn sie gestorben sind“, sagt Tina Solera, der Gründerin der Rettungsorganisation Galgos del Sol mit Sitz in Murcia, im National Geographic.

Dem Podenco, einer anderen spanischen Windhundrasse, ergeht es ebenso.

Da die Galgueros glauben, Hunde würden besser jagen, wenn sie hungrig sind, wird der Podenco normalerweise ausgehungert oder gerade so viel gefüttert und getränkt, dass er am Leben bleibt. Nach Ende der Jagdsaison oder wenn ein Podenco nicht mehr nützlich ist, ereilt ihn das gleiche Schicksal wie den Galgo. Manchmal werden sie aufgehängt oder vergiftet, häufiger jedoch werden sie an einen abgelegenen Ort getrieben und dort ausgesetzt, manchmal mit gebrochenen Beinen oder, in einem bekannten Fall, mit ausgestochenen Augen, damit sie den Weg nach Hause nicht finden.

Galgo Rescue International Network, GRIN

Wie ist eine solche Tierquälerei in einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union möglich? Eine deutsche Abgeordnete beschied mir, dies sei Landessache. Während Bananen nach Krümmung und Länge EU-weit standardisiert sowie tendenziell mehr und mehr Bereiche des Lebens zentral durch Brüssel reguliert werden, soll Tierquälerei eine nationale Angelegenheit sein, in die die EU sich nicht einmischen darf? Haben EU-Abgeordnete wirklich keine Einflussmöglichkeiten? Von den 21 spanischen EU-Abgeordneten verschiedener Parteien, die ich um eine Stellungnahme bat, fand keine/r es wert zu antworten.

Zwei Lichtblicke gibt es jedoch für die Tierschützer: Die Abstimmung im spanischen Parlament zum Ausschluss der Jagdhunde aus dem Tierschutz fiel mit 174 zu 167 Stimmen denkbar knapp aus. Mit einer Mehrheit von nur sieben Stimmen also. Genau so viele Abgeordnete enthielten sich. Und: Der ehemals einzige spanische Abgeordnete in der Intergroup on the Welfare of Animals, der Interfraktionellen Tierschutzgruppe des Europäischen Parlaments, Ernest Urtasun, ist inzwischen Kulturminister in Madrid – und in dieser Funktion auch für die Jagd zuständig.

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